Vor genau 40 Jahren: Ein Tabu wird gebrochen

12. April 1978: 1.5 Mil­lio­nen Zuschauer*innen sitzen zu Hause vor ihren Fernse­hgeräten und schauen sich die «Teleare­na» zum The­ma Homo­sex­u­al­ität an. Das Echo war enorm. Nach der Sendung erschienen über 200 Artikel in Print­me­di­en quer durch die ganze Schweiz. Das The­ma blieb über Wochen präsent und wurde kon­tro­vers weit­er disku­tiert …

HAB-Ehren­mit­glied Mar­tin Fröh­lich in der «Teleare­na» (Screen­shot SRF).

Zum ersten Mal wurde in der Schweiz einem Mil­lio­nen­pub­likum vor Augen geführt, dass Homo­sex­uelle nicht mehr länger bere­it waren, die täglichen Diskri­m­inierun­gen taten­los hinzunehmen.

Und 40 Jahre später und 14 Tage vor der Demo für mehr Sicht­barkeit von Les­ben* wis­sen wir: Die «Teleare­na» ste­ht für Auf­bruch – aber auch Schande im Blick auf les­bis­che Frauen, die zwar anwe­send waren, aber kon­se­quent ignori­ert und an den Rand gedrängt wur­den. Aus heutiger Sicht fällt zudem die Unver­söhn­lichkeit bei Religiösen und Kon­ser­v­a­tiv­en auf, die ihr Leben und auch ihren Glauben bedro­ht sahen. Die Härte der Sprache mit teil­weise unver­hohlen­er Häme in Aus­druck und Ton zeigt die dama­lige Brisanz des The­mas und wie wichtig es war, dass die öffentliche Diskus­sion angestossen wurde.

«Dir machet mi suur, Herr Indermuur!»

In der «Teleare­na» war eine Gruppe von Les­ben anwe­send, die von Mod­er­a­tor Hans-Ulrich Inder­maur regelmäs­sig abgek­lemmt wur­den. Zu den Spiel­regeln der Sendung gehörte, dass keine Res­o­lu­tio­nen ver­lesen wer­den durften – und dies set­zte der Mod­er­a­tor rig­oros durch. Hei­di Ober­li machte in der Sendung ihrem Ärg­er Luft: «Dir machet mi suur, Herr Inder­muur!».

Aber warum wur­den die Les­ben in der damals live gesende­ten Sendung der­art an den Rand gedrängt? Warum empfind­en wir dies rück­blick­end als eine «Schande»?

HAB-Ehren­mit­glied Mar­tin Fröh­lich war vor 40 Jahren in der Sendung dabei und rel­a­tiviert: Die Les­ben hät­ten sich damals sel­ber ins Off­side manövri­ert: «Der Spielleit­er habe die Frauen nur gestoppt, weil sie sich nicht an die Spiel­regeln hal­ten woll­ten – hät­ten sie sich an den Vor­bere­itun­gen der HAZ beteiligt, hät­ten sie diese Spiel­regeln gekan­nt».

Peter Thom­men – auch er war damals in der Sendung dabei – weist darauf hin, dass damals «die Schwulen im Fokus der Poli­tik und der Polizei standen und für die Abschaf­fung der Homo-Reg­is­ter kämpften». Zudem hätte es in der Sendung «zeitlich und the­ma­tisch keinen Platz für die Frauen gehabt». Warum aber bloss wur­den sie in die Sendung ein­ge­laden?

 

Lesen wir die Berichte zur «Teleare­na» auf schwulengeschichte.ch. Sie ver­set­zen uns in einen span­nungs­ge­lade­nen Abschnitt der eige­nen Sozialgeschichte. Und wer sich die geschicht­strächtige Sendung von damals (nochmals) anschauen möchte, kann sich die DVD in der HAB-Bib­lio­thek aus­bor­gen.