Keine gesellschaftliche Ausgrenzung

Mit Blick auf den geplanten «Marsch fürs Läbe» wehren wir uns gegen diskri­m­inierende und ver­let­zende Aus­sagen im Namen der «christlichen Näch­sten­liebe». Auch wenn sich fun­da­men­tale Christ*innen am näch­sten Sam­stag auf dem Bun­de­splatz vor allem für ein geset­zlich­es Abtrei­bungsver­bot ein­set­zen, fall­en diese immer wieder durch homo- und trans­feindliche Äusserun­gen auf.

Abtrei­bung ist in der Schweiz klar geregelt: Bis zur zwölften Schwanger­schaftswoche liegt der Entscheid über den Abbruch ein­er Schwanger­schaft allein bei der Frau. Danach braucht es die Bestä­ti­gung eines Arztes, dass ein medi­zinis­ches Prob­lem vor­liegt. Und für Daniel Regli, Präsi­dent des Vere­ins «Marsch fürs Läbe» und SVP-Poli­tik­er, ist es eigentlich klar, dass ein Abtrei­bungsver­bot poli­tisch aus­sicht­s­los ist. Gegenüber der Bern­er Zeitung sagte er: «Uns geht es darum, zu ­zeigen, dass es noch christliche Organ­i­sa­tio­nen gibt, welche die heutige Prax­is nicht ein­fach hin­nehmen wollen».

Die Organ­isieren­den der Ver­anstal­tung geben sich also betont «lebens­be­ja­hend» gegenüber allem Leben. Gle­ichzeit­ig verurteilen sie aber ganze Lebens­for­men und Iden­titäten – beispiel­sweise stellen sie Homo­sex­u­al­ität und Tran­si­d­en­tität als Krankheit dar. Auch Daniel Regli.

Im let­zten Dezem­ber sorgte Daniel Regli während ein­er Debat­te über die städtis­chen Aus­gaben für die sex­u­alpäd­a­gogis­che Beratungsstelle «Lust und Frust» im Zürcher Gemein­der­at für schal­len­des Gelächter, als er in sein­er Rede kühn behauptete, dass sich «Homo­sex­uelle zwis­chen 30 und 40 das Leben nehmen, weil der Anal­muskel nicht mehr hält, was er ver­spricht». Zudem werde «Trans­sex­u­al­ität» als «frei­wählbares Geschlecht», unab­hängig davon, ob men­sch als Mann oder als Frau geboren wurde, propagiert: «Man darf heute nicht mehr per­vers sagen, es heisst, dass sei bere­its diskri­m­inierend.»

Zum Organ­i­sa­tion­skomi­tee der Demon­stra­tion «fürs Läbe» vom näch­sten Sam­stag gehört auch Wilf Gasser, der im Jan­u­ar in der «Stern­stunde Reli­gion» des Schweiz­er Fernse­hens in der Rolle eines Psy­cholo­gen disku­tieren durfte. Er könne nicht nachvol­lziehen, wie «denk­ende Men­schen» ihm weis­machen woll­ten, dass ein Men­sch, der als Mann geboren wurde, wis­sen könne, wie sich eine Frau füh­le, und dann «sagen kann, er füh­le sich sel­ber mehr als Frau». Man könne doch da höch­stens sagen: «Ich bin nicht wohl in mein­er Haut» – das sei unl­o­gisch und «absolute Ide­olo­gie». Trans­gen­der Net­work Switzer­land beschw­erte sich mit einem Brief. Die Redak­tion­slei­t­erin der Sendung entschuldigte sich daraufhin bei den betrof­fe­nen trans Men­schen – mit dem Hin­weis, dass auch kri­tis­che Stim­men in ein­er Diskus­sion zu Wort kom­men müssten.

Eben­falls zu den Organ­isieren­den des «Marsch fürs Läbe» gehört Käthi Kauf­mann-Eggler, Präsi­dentin der Arbeits­gruppe «Jugend und Fam­i­lie». Wie ver­schoben das Ver­ständ­nis der christlichen Näch­sten­liebe dieser Arbeits­gruppe ist, beweist ein Blick auf deren Web­site. Da ste­ht beispiel­sweise, dass der «kleinen Zahl von Män­nern und Frauen mit tief­sitzen­der homo­sex­ueller Nei­gung» mit «Achtung, Mit­ge­fühl und Takt zu begeg­nen» sei. Homo­sex­u­al­ität sei näm­lich eine «tiefe Prü­fung». Dies wiederum bedeute aber nicht, dass gle­ichgeschlechtliche Sex­u­al­prak­tiken gutzuheis­sen seien – deshalb müssten Chris­ten gle­ichgeschlechtliche Part­ner­schaften als «ver­meintliche eheähn­liche Form des Zusam­men­lebens» ablehnen.

Wal­ter Mannhart von «Chris­ten für die Wahrheit» sieht – er ist während dem «Marsch fürs Läbe» u.a. für die Sicher­heit zuständig – die Mei­n­ungs- und Reli­gions­frei­heit in Gefahr. Sollte die Ras­sis­mus-Strafnorm um den Schutz vor Diskri­m­inierung auf­grund der sex­uellen Ori­en­tierung und der Geschlecht­si­den­tität erweit­ert wer­den, kön­nte «manch­er Predi­ger in Schwierigkeit­en ger­at­en, wenn er sich in sein­er Verkündi­gung auf Gottes Wort stellt und die Homo­sex­u­al­ität als Sünde beze­ich­net». Es brauche heute, meint Mannhart weit­er, «viel Mut, wenn man sich für christliche Werte ein­set­zt, die im Gegen­satz zum Zeit­geist ste­hen».

Ist es deshalb Zufall, dass am näch­sten Sam­stag auf dem Bun­de­splatz aus­gerech­net Wei­h­bischof Mar­i­an Ele­gan­ti ein Gebet an die Ver­sam­melten richt­en darf? Ele­gan­ti behauptete vor ein paar Tagen in einem Inter­view, dass Schuld an den vie­len Miss­brauchs­fällen die «homo­sex­uelle Sub­kul­tur» inner­halb der katholis­chen Kirche sei: «Aber dieser Miss­brauchsskan­dal zeigt halt doch: Es hängt mit der Homo­sex­u­al­ität zusam­men». Wenn man den «Bericht über Penn­syl­va­nia anschaue, müsse man doch sagen, 90 Prozent ste­hen in einem direk­ten Zusam­men­hang mit ein­er homo­sex­uellen Ver­an­la­gung und Nei­gung». Denn die Opfer seien nicht Kinder, son­dern Her­anwach­sende und Sem­i­nar­is­ten im Alter von 16 oder 17 Jahren gewe­sen.

Keine Rechtfertigungen für sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität

Wir wehren uns gegen die diskri­m­inieren­den Aus­sagen im Namen der «christlichen Näch­sten­liebe» durch die Organ­isieren­den der Demon­stra­tion «Marsch fürs Läbe» vom näch­sten Sam­stag. Unser Präsi­dent Christoph Janser ist sich sich­er, dass diese Aus­sagen über schwule, les­bis­che und trans Men­schen nicht nur jeglich­er Grund­lage ent­behren, son­dern indi­rekt auch zu Hass, Diskri­m­inierung und gesellschaftlich­er Aus­gren­zung ans­tiften: «Für die HAB ist es nicht akzep­tier­bar, dass sich Schwule und Les­ben noch immer für ihre sex­uelle Ori­en­tierung und trans Men­schen noch immer für ihre Geschlecht­si­den­tität recht­fer­ti­gen müssen».