Der Schneegarten

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christopher_rice_der_schneegartenChristo­pher Rice ist der Sohn der Best­seller­autorin Ann Rice (“Inter­view mit einem Vam­pir”). Wie seine Mut­ter ist auch er ein Schrift­steller mit ein­er Vor­liebe für das Düstere. Sein zweit­er Roman “Der Schnee­garten” ist ein psy­chol­o­gis­ch­er Thriller, eine Hor­rorsto­ry mit kun­st- und geis­tes­geschichtlichem Hin­ter­grund.

Er nen­nt sich Ran­dall und will an der Ather­ton Uni­ver­si­ty studieren. Schnell lernt er Kathryn ken­nen, eben­falls Stu­di­en­an­fän­gerin, und die bei­den wer­den beste Fre­unde: Es verbindet sie das Bedürf­nis, mit dem Studi­um weg von zuhause ein neues Leben anz­u­fan­gen, ihre Ver­gan­gen­heit hin­ter sich zu lassen. Bald begin­nt Ran­dall eine Affäre mit seinem Pro­fes­sor für Kun­st­geschichte. Der Pro­fes­sor hat sich auf den Maler Hierony­mus Bosch (1450–1516) spezial­isiert; Ran­dall hat sein Buch gele­sen und kann sich so bei ihm ein­führen.

Sind die Bild­in­halte bei Bosch von den ket­zerischen Ideen der mit­te­lal­ter­lichen Kathar­er geprägt? Jeden­falls spie­len sie im Buch des Pro­fes­sors und im Umfeld sein­er Stu­den­ten eine bes­tim­mende Rolle. Jedoch liegt dem Pro­fes­sor viel daran, ein “nor­males” Leben zu führen. Darum hat er sich ver­heiratet, obschon er sein­er Frau gefühlsmäs­sig nichts zu bieten hat, – und darum will er auch seine Affäre mit Ran­dall vor Kol­le­gen und Stu­den­ten ver­ber­gen.

Doch da ereignet sich ein Unfall: In ein­er Win­ter­nacht stürzt die Ehe­frau des Pro­fes­sors in einen Fluss und ertrinkt. Dieser Unfall ist der Anfang ein­er ver­wirrlichen Geschichte, in der alle Beteiligten und auch die Leser des Romans oft die Ori­en­tierung ver­lieren. In Ather­ton kur­siert das Gerücht, der Unfall sei insze­niert wor­den. Auch Ran­dall zweifelt an seinem Pro­fes­sor, und er begin­nt auf eigene Faust zu recher­chieren. Dabei stösst er auf Geheimnisse im Leben und Vor­leben von Dozen­ten, Assis­tentIn­nen und Stu­dentIn­nen, — und es lässt sich nicht ver­mei­den, dass auch sein Geheim­nis zum Vorschein kommt. Es entste­ht ein Bild wie die Bilder von Hierony­mus Bosch: wirk­lich und unwirk­lich zugle­ich.

Lek­türe nicht ein­fach, fes­sel­nd, erschüt­ternd: Es gibt weit­ere Todes­fälle und am Ende nicht eine klare Antwort zu Sinn oder Unsinn des Geschehens.

Hans Baer

Christo­pher Rice
“Der Schnee­garten”
Roman
Ull­stein, 2003.