Bern im Zeichen der Vielfalt

Die Stadt Bern war Aus­tra­gung­sort des ersten nationalen Christo­pher-Street Day (CSD), als die Schwu­lenor­gan­i­sa­tio­nen im Jahr 1979 gegen das «Homo-Reg­is­ter» demon­stri­erten. Nun organ­isiert ein Bern­er Komi­tee unter dem Namen Pride Ouest 2017 vom 25. bis 27. August 2017 die «Pride Romandie» in der Stadt Bern.

Auss­chnitt aus dem Fly­er zum «Ersten Nationalen Schwulen-Befreiungstag» im Juni 1979 in Bern.

Nach Zusagen von Teil­nehmenden aus allen Lan­desteile sowie bestätigten Redner*innen aus dem Bun­de­shaus ist klar: Die Pride Ouest nimmt den Charak­ter ein­er nationalen LGBTI-Pride an und spin­nt den Faden des geschicht­strächti­gen «Aktion­stags» der Schwulen vor 38 Jahren weit­er.

Die Pride Ouest 2017 in Bern ist ein ein­ma­liger, dre­itägiger Grossan­lass von LGBTI-Men­schen für LGBTI-Men­schen. Willkom­men sind auch Besucher*innen, Stadtbewohner*innen und Tourist*innen unab­hängig ihrer sex­uellen Ori­en­tierung und Geschlecht­si­den­tität. «Wir erwarten 10‘000 Besuchende aus der ganzen Schweiz», erk­lärt René Stamm, Co-Präsi­dent und Mit-Ini­tia­tor der Pride Ouest.

Die Stärke der Vielfalt

Unter dem Slo­gan «The Pow­er of Diver­si­ty» macht die Bern­er Pride darauf aufmerk­sam, dass Vielfalt eine Gesellschaft beflügeln kann. «Stellen Sie sich nur mal vor, wir wären alle gle­ich. Unser Land wäre ein­seit­ig und ein­tönig. Keine Spur von Kreativ­ität und Inno­va­tion! Erst unsere durch­mis­chte Bevölkerung macht die Schweiz erfol­gre­ich. Dazu gehören auch les­bis­che, schwule, bi, trans* und inter* Men­schen», ist René Stamm überzeugt.

Auf sechs Plätzen wer­den am Sam­stag, 26. August zwis­chen Bären­graben und Kleine Schanze den ganzen Nach­mit­tag über kul­turelle und sportliche Aktiv­itäten zum Mit­machen oder Zuschauen stat­tfind­en. Damit will das Pride-Komi­tee ein­er­seits die Inter­ak­tion zwis­chen den LGBTI-Men­schen und Pas­san­ten fördern. Ander­er­seits aber auch aufzeigen, dass les­bis­che, schwule, bi, trans* und inter* Men­schen «über­all» vertreten sind und damit Diskri­m­inierung und Äng­ste bekämpfen.

Ab 16 Uhr zieht der Stern­marsch von den sechs Plätzen zum Bun­de­splatz. Dort wird anschliessend die überdi­men­sion­ale Regen­bo­gen­fahne gehisst und die Pride-Ver­anstal­tung offiziell eröffnet. Bun­desrätin Simon­et­ta Som­maru­ga, Gemein­der­at Reto Nause, nationale Parlamentarier*innen und Vertreter*innen der LGBT-Organ­i­sa­tio­nen wer­den poli­tis­che Botschaften über­brin­gen, bevor um 20 Uhr ein vielfältiges Musik- und Show­pro­gramm begin­nt.

«Auch wir haben eine solche Kartei»

Am 10. Novem­ber 2016 beschliesst der Bern­er Stad­trat, dass die Stadt Bern dem «Rain­bow Cities Net­work» beitritt. Dieses Net­zw­erk ist ein Zusam­men­schluss europäis­ch­er Städte mit dem Ziel, auf lokaler Ebene die Diskri­m­inierung auf­grund der sex­uellen Ori­en­tierung und/oder der Geschlecht­si­den­tität zu bekämpfen. Dazu gehören die Anliegen von les­bis­chen, schwulen, bi, trans* und inter* Men­schen sicht­bar zu machen, in der lokalen Poli­tik zu berück­sichti­gen und sich all­ge­mein in der Bevölkerung für ein Kli­ma des Respek­ts einzuset­zen.

Knapp 40 Jahre vorher: Für Niklaus Debrun­ner und Marc Meystre vom Vor­stand der HAB war klar, dass die HACH (die dama­lige Dachor­gan­i­sa­tion der Homo­sex­uellen Arbeits­grup­pen Schweiz) ein Zeichen gegen die «Homo-Reg­is­ter» der Polizei set­zen muss. Im April vorher gab in den «Bern­er Nachricht­en» ein Beamter der Bern­er Stadt­polizei zu: «Auch wir haben eine solche Kartei».

Reg­istri­ert wur­den damals — wie aus einem Schreiben der Polizei an die HAB her­vorg­ing — Homo­sex­uelle, die «straf­fäl­lig gewor­den sind, sei es wegen Sex­u­al- oder wegen anderen Delik­ten». Beson­ders per­fide war dabei, dass auch die Opfer als «homo­sex­uell» reg­istri­ert wur­den.

So fand am 23. Juni 1979 als Protest gegen die «Homo-Reg­is­ter» — genau zehn Jahre nach dem Stonewall-Auf­s­tand in New York­er — der «Erste Nationale Schwulen-Befreiungstag» statt. Zusät­zlich zur Kundge­bung wur­den zudem an einem Infor­ma­tion­s­stand Unter­schriften zur Abschaf­fung des Bern­er «Homo-Reg­is­ters» gesam­melt. Die Bogen der Peti­tion tru­gen das Logo der HAB und richteten sich an den Polizei­di­rek­tor der Stadt Bern, Gemein­der­at Fritz Augst­burg­er:

… die Unterze­ich­neten bit­ten zusam­men mit den Homo­sex­uellen Arbeits­grup­pen Bern (HAB) um die Abschaf­fung und Ver­nich­tung des Homo­sex­uel­len­reg­is­ters der Bern­er Stadt­polizei. …

Quellen: Pride Ouest 2017, SCHWULENGESCHICHTE.CH